Nds. Ministerium für Wissenschaft und Kultur Niedersachsen klar Logo

Bescheinigung nach § 4 Nr. 21 a bb UStG, z.B. für eine Musik-, Tanz-, Ballett-, Theater- oder Kunstschule

  • Nach § 4 Nr. 21 a bb Umsatzsteuergesetz (UStG) sind steuerfrei die unmittelbar dem Schul- und Bildungszweck dienenden Leistungen privater Schulen und anderer allgemeinbildender oder berufsbildender Einrichtungen, wenn die zuständige Landesbehörde bescheinigt, dass sie auf einen Beruf oder eine vor einer juristischen Person des öffentlichen Rechts abzulegende Prüfung ordnungsgemäß vorbereiten.
  • Die Vorbereitung auf einen Beruf umfasst die berufliche Ausbildung, die berufliche Fort- und Weiterbildung und die berufliche Umschulung.
  • Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts ist die steuerlich privilegierte Leistung nach § 4 Nr. 21 a bb UStG dann ordnungsgemäß, wenn sie objektiv geeignet ist, der Prüfungsvorbereitung zu dienen, von einem seriösen Institut erbracht wird und die eingesetzten Lehrkräfte die erforderliche Eignung besitzen, wobei nur „Mindestqualifikationen“ gefordert werden dürfen. Die eingesetzten Lehrkräfte müssen für den konkreten, von ihnen zu erteilenden Unterricht jeweils geeignet sein, insbesondere ihre fachlichen und pädagogischen Kenntnisse und Fertigkeiten den Anforderungen gerecht werden, die der jeweilige Unterricht an sie stellt. Ob die eingesetzten Lehrkräfte die erforderliche Eignung für den konkreten Unterricht in fachlicher und pädagogischer Hinsicht besitzen, ist gerichtlich voll nachprüfbar. Die Vorschrift bezweckt, die Prüfung der Ordnungsgemäßheit der Prüfungsvorbereitung der zuständigen Landesbehörde, somit dem Niedersächsischen Ministerium für Wissenschaft und Kultur, zu überlassen. Wir prüfen diese Vorfrage für das Finanzamt durch unseren Kriterienkatalog und das Gericht kann dies kontrollieren.
  • Die Bescheinigungsvoraussetzungen sind nach Ansicht des Bundesverwaltungsgerichts in der Regel auch dann als erfüllt anzusehen, wenn zumindest der überwiegende Teil der eingesetzten Lehrkräfte die erforderliche Eignung aufweist. Die Bescheinigung kann dann auf den Unterricht dieser Lehrkräfte beschränkt erteilt werden, solange der Unterricht objektiv geeignet bleibt und die Seriosität der Einrichtung nicht insgesamt in Frage gestellt wird.
  • „Ordnungsgemäß“ ist die Leistung somit insbesondere, wenn
    • sie hinsichtlich des Lehrplans, der Lehrmethode und des Lehrmaterials objektiv geeignet ist, der Vorbereitung auf einen Beruf oder eine Prüfung zu dienen.
    • Insbesondere hinsichtlich der Kündigungsbedingungen und der Zahlungsmodalitäten sowie der Voraussetzungen für den Zugang zur Prüfung angemessene Teilnahmebedingungen gegeben sind und
    • die eingesetzten Lehrkräfte die erforderliche Eignung besitzen. Der Unterricht muss somit von entsprechend qualifizierten Lehrerinnen und Lehrern vermittelt werden.
  • Dient eine Einrichtung verschiedenartigen Bildungszwecken, ist in der Bescheinigung deren begünstigter Bereich genau zu bezeichnen.
  • Ein/e freiberuflich tätige/r Musik-, Tanz-, Ballett-, Theater- oder Kunstlehrer/in kann, soweit sie/er im berufsbildenden Bereich tätig ist, grundsätzlich als berufsbildende Einrichtung angesehen werden. Die Leistung muss von der Privatlehrerin / dem Privatlehrer persönlich erbracht werden.
  • Es kommt nicht darauf an, aus welchem Grund die einzelnen Schüler/innen den Unterricht besuchen. Für die Steuerbefreiung nach § 4 Nr. 21 a bb UStG ist ausreichend, dass die darin bezeichneten Leistungen ihrer Art nach den Zielen der Berufsaus- oder der Berufsfortbildung dienen. Die Einrichtung muss objektiv geeignet sein, der Prüfungsvorbereitung zu dienen. Auf die Ziele der Personen, welche die Einrichtung besuchen, kommt es nicht an. Maßgeblich ist die Eignung der Einrichtung, nicht die Eignung der Schüler/innen.
    • Eine Musikschule mit Angeboten zur musikalischen Früherziehung von Kindern kann Anspruch auf Erteilung der Bescheinigung haben
    • Möglich: Ganzheitlich musikalische Frühförderung mit Schwerpunkt Gesang und Sprachförderung für Kinder im Vorschulalter (3 – 5 Jahre) als Vorbereitung für musikalische Ausbildung.
    • Möglich: Gesangs- und Klavierunterricht für Schulkinder aller Altersstufen als Vorbereitung auf einen professionellen Chor oder Eignungsprüfung als Musiker/Sänger/Tänzer
    • I.d.R. keine Berufsausbildung oder Prüfungsvorbereitung – und damit keine Bescheinigung für:
      • Chorleitung für Erwachsene
      • Zurück-ins-Leben: Chor für Seniorinnen/Senioren in der Vollzeitbetreuung
      • Kurse, die nach Teilnehmerkreis und thematischer Zielsetzung den Charakter einer bloßen Freizeitgestaltung haben; solche Unterrichtsleistungen sind von der Steuerbefreiung nach § 4 Nr. 21 UStG ausgeschlossen.
  • Bitte machen Sie Angaben über die Einrichtung (Name, Geschäftsort, ggf. Mitgliederliste).
  • Für welchen – ggf. rückwirkenden – Zeitraum benötigen Sie die Bescheinigung? Entscheidend ist, seit wann die Voraussetzungen für eine Bescheinigung vorliegen/Seit wann liegen Sie oder Ihr/e Mandant/in oberhalb der Kleinunternehmergrenze?
  • Zur Prüfung der Frage, ob Ihre künstlerische Bildungseinrichtung oder die Einrichtung Ihrer Mandantin/Ihres Mandanten (z.B. Musik-, Tanz-, Ballett-, Theater- oder Kunstschule) gemäß § 4 Nr. 21 a bb UStG auf einen Beruf oder eine Prüfung ordnungsgemäß vorbereitet, stellen Sie dar, welche Punkte Sie erfüllen oder Ihre Mandantin/Ihr Mandant erfüllt. Bitte begründen Sie Ihren Antrag. Für alle Personen, für die Sie eine Umsatzsteuerbescheinigung erbitten, legen Sie bitte Nachweise der Ausbildung bei. Ist Ihre Musikschule oder die Musikschule Ihrer Mandantin/Ihres Mandanten Mitglied im Verband deutscher Musikschulen (VdM), liegen die Voraussetzungen für die Erteilung einer Bescheinigung regelmäßig vor. Bitte belegen Sie Ihre Mitgliedschaft.
  • Eine Schule (insbesondere: Musik-, Tanz-, Ballett-, Theater- oder Kunstschule) oder ein/e Einzellehrer/in kann eine Bescheinigung erhalten, wenn nach dem folgenden Kriterienkatalog mindestens drei Voraussetzungen erfüllt sind. Bitte fügen Sie Belege bei.
    • Abgeschlossenes Hochschulstudium im Fach Musik/Tanz/Theater/Kunst o.Ä. (Diplom, Examen, Bachelor, Master) oder bei einem nicht abgeschlossenen Hochschulstudium mindestens eine erfolgreich abgeschlossene Zwischenprüfung
    • Abgeschlossene Ausbildung an Einrichtungen, die keine Hochschule sind, z.B. Kirchenmusikschulen, Bundesakademie für kulturelle Bildung Wolfenbüttel (C-Chorleiterprüfung), oder der Nachweis über die erfolgreiche Teilnahme an einer studienvorbereitenden Ausbildung
    • (Gutachten einer Professorin / eines Professors, die/der im gleichen Fach unterrichtet wie die/der Antragsteller/in)
    • Im Regelfall mehrjährige Unterrichtspraxis
    • Unterrichtstätigkeit an anderen Einrichtungen, z.B. Ergänzungsunterricht an öffentlichen Schulen, Unterrichtstätigkeit an kommunalen Musikschulen oder an einer privaten Einrichtung, die in dem Bereich über eine begünstigende Bescheinigung nach § 4 Nr. 21 a bb UStG verfügt
    • Preise von Schülerinnen und Schülern, die an Wettbewerben teilgenommen haben, wenn mit dem Preis besondere Leistungen verbunden sind, z.B. Jugend musiziert, Preise auf regionaler Ebene oder auf Landes- oder Bundesebene; dies gilt nicht bei Preisen, die nur für die Teilnahme vergeben werden.
    • Bescheinigungen der Eltern von Schülerinnen und Schülern, durch die bestätigt wird, dass der Unterricht eine Ergänzung des Schulfaches Musik/Kunst ist
    • Nachweise über die tatsächliche Vorbereitung einer Schülerin/eines Schülers zum Musik- oder Kunststudium oder zur instrumentalen Eignungsprüfung zum Lehramtsstudium oder zum Abitur mit Leistungskurs Musik oder Kunst oder zum/zur Berufsmusiker/in. Eine Vorbereitung, die mehr als ca. 8 Jahre zurückliegt, kann nicht mehr als Begründung herangezogen werden
    • Eigene Berufstätigkeit als Musiker/in oder Künstler/in, nachzuweisen durch Programmhefte, Presseartikel, CD- bzw. Rundfunkproduktionen, Internetadresse etc.
    • Die Einzellehrerin/der Einzellehrer muss die Leistung persönlich erbringen.
  • Dem formlosen Antrag sind folgende Unterlagen beizufügen:
    • Beschreibung aller Bildungsangebote unter Angabe des Personenkreises, an den sie sich richten
      • Z.B.: Instrumentalunterricht von Kindern, Jugendlichen und jungen Erwachsenen bis zu 22 Jahren in den Fächern Klavier und Flöte
      • Z.B.: Harmonielehre und Musiktheorie
    • Nachweis, nach welchen Lehrplänen der Unterricht erteilt wird. Der erteilte Unterricht muss den vom Verband deutscher Musikschulen e.V. oder von einer vergleichbaren Einrichtung herausgegebenen Lehrplänen entsprechen
    • Nachweise (im Regelfall Kopien der Abschlusszeugnisse) über die berufliche Qualifikation aller Personen, für die Sie eine Umsatzsteuerbescheinigung erbitten.
    • Angaben über die Ausstattung des Unterrichtsraumes bzw. der Unterrichtsräume
    • Programmhefte
    • Angaben über die Einrichtung (Name, Geschäftsort, Mitgliederliste)
      • Internetadresse
      • Telefon-Nummer: Mobil und Festnetz
    • Zeitraum, für den die Bescheinigung beantragt wird / Rückwirkende Bescheinigung / Seit wann liegen Sie oder Ihr/e Mandant/in oberhalb der Kleinunternehmergrenze?
    • Kurzbiographie/Vita der Personen/Informationsmaterial zur Person/Einrichtung, z.B. Flugblatt
    • Pressekritiken, falls vorhanden
  • Vorsorglich weise ich bei Tanz- und Ballettschulen auf Folgendes hin:
    • Ballett- und Tanzschulen können als allgemeinbildende oder berufsbildende Einrichtungen beurteilt werden und daher unter die Steuerbefreiung des § 4 Nr. 21 a bb UStG fallen.
    • Eine Steuerfreiheit der Umsätze von Ballett- und Tanzschulen nach § 4 Nr. 21 UStG kommt insoweit in Betracht, als vergleichbare Leistungen in Schulen erbracht werden und die Leistungen nicht der bloßen Freizeitgestaltung dienen.
    • Steuerfrei können demnach insbesondere Kurse der tänzerischen Früherziehung und Kindertanzen für Kinder ab 3 Jahren und klassischer Ballettunterricht sein.
    • Der Unterricht muss von entsprechend qualifizierten Lehrerinnen und Lehrern vermittelt werden.
    • Unter Kurse, die von ihrer Zielsetzung auf reine Freizeitgestaltung gerichtet sind, fallen zum Beispiel Kurse, die sich an Eltern von Schülerinnen/Schülern richten, um die Wartezeit während des Unterrichts der Kinder sinnvoll zu nutzen, Kurse für Seniorinnen und Senioren oder Kurse für allgemein am Tanz interessierte Menschen.
    • Kurse für allgemein am Tanz interessierte Menschen können z.B. spezielle Hochzeits- und Crashkurse sein.
    • Die Kurse müssen ihrer Art nach erforderlich und geeignet sind, um den Beruf des Tänzers bzw. der Tänzerin ausüben zu können.
    • Das Niedersächsische Finanzgericht hat durch Urteil vom 10.03.2022 (11 K 119/17) entschieden:
      • Weder aus dem nationalen Umsatzsteuerrecht noch aus dem Unionsrecht ergibt sich eine Umsatzsteuerbefreiung für Umsätze aus dem Betrieb einer Tanzschule. Dies gilt jedenfalls für Umsätze aus Tanzkursen für Erwachsene („Welttanzprogramm“ und „Medaillenkurse“).
      • Befreiungstatbestände von der Umsatzsteuer sind eng auszulegen, da sie eine Ausnahme von dem Grundsatz darstellen, dass jede Leistung, die ein Steuerpflichtiger gegen Entgelt erbringt, der Mehrwertsteuer unterliegt.
      • Eine Steuerbefreiung schied schon deshalb aus, weil es sich bei den angebotenen Tanzkursen Welttanzprogramm und Medaillentanzen nicht um eine unmittelbar dem Schul- oder Bildungszweck dienende Leistung einer privaten Schule oder einer anderen allgemeinbildenden oder berufsbildenden Einrichtung gehandelt hat.
      • Kurse hingegen, die es einem Teilnehmer ermöglichen, die vermittelten Kenntnisse und Fähigkeiten durch Vertiefung und Fortentwicklung schließlich beruflich zu nutzen, fallen unter die Steuerfreiheit auch dann, wenn von dieser Möglichkeit nur wenige Teilnehmer Gebrauch machen.
      • Als Ausbildung, Fortbildung oder berufliche Umschulung gelten dabei sowohl Schulungsmaßnahmen mit direktem Bezug zu einem Beruf als auch jegliche Schulungsmaßnahmen im Hinblick auf den Erwerb oder die Erhaltung beruflicher Kenntnisse unabhängig von ihrer Dauer.
      • Der berufliche Bezug fehlte bei den Kursen Welttanzprogramm und Medaillentanzen (Abgrenzung zu einer bloßen Freizeitgestaltung).
    • Entscheidend sind die Kurse, die angeboten werden:
      • Das Finanzamt stellt Kinder- und Jugendkurse in der Regel umsatzsteuerfrei.
      • Ausbildung an speziellen Berufsausbildungseinrichtungen für Tanzlehrerinnen oder Tanzlehrer oder entsprechende, speziell auf die Bedürfnisse angehender Tanzlehrerinnen oder Tanzlehrer ausgerichtete Kursangebote, die also der Berufsausbildung dienen, stellt das Finanzamt in der Regel auch umsatzsteuerfrei.
      • Die Vorbereitung für eine Aufnahmeprüfung z.B. an einer staatlichen Musikhochschule ist in der Regel umsatzsteuerfrei.
      • Kurse zur Berufsausbildung, Berufsfortbildung oder beruflichen Umschulung sind somit in der Regel umsatzsteuerfrei.

Artikel-Informationen

erstellt am:
23.05.2022
zuletzt aktualisiert am:
31.01.2023

zum Seitenanfang
zur mobilen Ansicht wechseln