Wanka: „Zweiter Welterbetitel für Niedersachsen in elf Monaten“
Fagus-Werk als Weltkulturerbe aufgenommen
HANNOVER/PARIS. Die UN-Organisation für Bildung, Wissenschaft, Kultur und Kommunikation (UNESCO) hat heute das Fagus-Werk in Alfeld zum Weltkulturerbe ernannt. Nachdem bereits im August vergangenen Jahres die Oberharzer Wasserwirtschaft aufgenommen wurde, galt die erneute Entscheidung für Niedersachsen lange Zeit als unwahrscheinlich. Umso größer ist jetzt die Freude, dass das UNESCO-Komitee nun auch den von Walter Gropius errichteten Industriebau als Welterbe aufnimmt.
„Erneut erhält Niedersachsen die weltweit beachtete Auszeichnung für ein einmaliges kulturelles Erbe der Menschheit. Vor 100 Jahren hat mit dem Fagus-Werk die Epoche des Bauhausstils begonnen. Heute erleben wir, wie Dank eines beispielhaften Engagements für den Erhalt eines Baudenkmals, eine ganze Region von der herausragenden Auszeichnung profitieren wird.“, sagte Niedersachsens Kulturministerin Professor Dr. Johanna Wanka. Sie dankte der Familie Greten, in deren Besitz sich das Werk bis heute befindet. „Im Gegensatz zu vielen anderen Weltkulturerbestätten ist das Fagus-Werk noch immer in Betrieb. Nutzung und Pflege eines industriellen Baudenkmals werden hier vorbildlich verbunden und waren sicherlich ein wichtiger Aspekt bei der heutigen Entscheidung“, so die Ministerin.
Das Fagus-Werk wurde einst als Schuhleisten- und Stanzmesserfabrik betrieben. Das Hauptgebäude wurde von 1911 an von Walter Gropius in zwei Bauabschnitten errichtet und entfaltete eine bahnbrechende Wirkung für den modernen Industrie- und Verwaltungsbau. Das Gebäude entspricht in der Form klaren Kuben, wobei die Außenwände fast ganz in Glasflächen aufgelöst erscheinen. In Alfeld wurde ein Frühwerk des modernen Bauens in einer Formensprache errichtet, die sich erst in den 1920er Jahren im „Neuen Bauen, „Internationalen Stil“ und „Bauhausstil“ durchsetzte.
Heute produziert Fagus-GreCon nach wie vor Schuhleisten, aber auch Maschinen zur Massivholzbearbeitung sowie Mess- und Brandschutzsysteme unter anderem für die Holzwerkstoffindustrie.
Die notwendige Instandsetzung des Fagus-Werks erfolgte in den Jahren 1985-2001 in 15 Bauabschnitten. Die Gesamtkosten betrugen umgerechnet 6,67 Millionen Euro. Davon übernahm das Land 1,67 und der Bund 1,44 Million Euro. Als Eigenanteil hatte die Firma 3,29 Millionen Euro aufgebracht. Die Arbeiten wurden in enger Kooperation mit der staatlichen Denkmalpflege durchgeführt.
Der Antrag auf Nominierung für die Aufnahme in das UNESCO-Weltkulturerbe wurde durch das Niedersächsische Landesamt für Denkmalpflege in Zusammenarbeit mit dem Unternehmen Fagus-GreCon erarbeitet und fristgerecht durch die Bundesrepublik Deutschland zum 01.02.2010 beim Welterbekomitee eingereicht. Durch Tausch mit dem Freistaat Sachsen konnte der Nominierungsplatz auf der so genannten Tentativliste (Kandidatenliste) für 2010 erlangt werden. Damit wurde eine Voraussetzung für einen Aufnahmebeschluss im Jahre 2011, parallel zum 100-jährigen Jubiläum des Fabrikbaus, geschaffen.
Das Fagus-Werk ist die 35. Welterbestätte in Deutschland und die dritte Weltkulturerbestätte in Niedersachsen. Zuvor wurden die zweiteilige Weltkulturerbestätte in Hildesheim, bestehend aus den romanischen Kirchen St. Michaelis und Mariendom (1985) und die dreiteilige Weltkulturerbestätte im Westharz, die insgesamt vom historischen Erzbergbau im Harz zeugt, aufgenommen. Letztere besteht aus dem Erzbergwerk Rammelsberg mit zahlreichen Anlagen des Erzbergbaus und der Erzaufbereitung (aufgenommen 1992), der Altstadt von Goslar mit zahlreichen historischen Bürgerhäusern, Stadtbefestigungen, Kirchen und öffentlichen Gebäuden wie dem Rathaus (aufgenommen ebenfalls 1992) und der Oberharzer Wasserwirtschaft mit zahlreichen Teichen, Gräben und Stollen zur Energiegewinnung für den Bergbau, mehreren Bergwerken und dem Kloster Walkenried (aufgenommen August 2010).
Zur Bedeutung des von der UNESCO verliehenen Titels sagte Ministerin Wanka: „Alle Welterbestätten machen ihre Standorte, ihre Regionen und Niedersachsen in der ganzen Welt bekannt. Sie haben daher große Bedeutung für den internationalen Kulturtourismus, der sich auf die Welterbestätten ausrichtet. Das Fagus-Werk ist ein Symbol für die Avantgarde und Innovationskraft, die in Niedersachsen eine besondere Tradition haben.“
Weitere Ansprechpartner:
Für denkmalfachliche Fragen:
Niedersächsisches Landesamt für Denkmalpflege
Präsident Dr. Stephan Winghart
(0170) 929 85 26
oder Dr. Reiner Zittlau
(0160) 96 96 35 00
Eigentümerin:
Fagus-GreCon Greten GmbH & Co. KG
Ansprechpartner: Karl Schünemann
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25.06.2011