Rede Dringliche Anfrage der Fraktion Bündnis 90/ Die Grünen – Ist die Exzellenzstrategie der Landesregierung sparen? - Plenarsitzung am 10.12.2020
Die niedersächsischen Hochschulen haben in der aktuellen Pandemiesituation mehrfach gezeigt, wie leistungsstark und anpassungsfähig sie sind. Es gelang nicht zuletzt aufgrund des engagierten Einsatzes der Präsidien, der Lehrenden und der Verwaltungskräfte, den notwendigen Umstieg von analogen zum digitalen Studienalltag fließend zu gestalten. Dafür möchte ich mich auch an dieser Stelle noch einmal ausdrücklich bedanken!
Gemeinsam mit der Landeshochschulkonferenz ist es zudem gelungen, gemeinsame Empfehlungen zu entwickeln, um dem Infektionsgeschehen, aber auch der Hochschulautonomie gebührend Rechnung zu tragen.
Lassen Sie mich aber zu der Kernfrage von Bündnis90/Die Grünen etwas sagen: Exzellente Forschung weist sich durch einen überdurchschnittlich hohen Erkenntnisfortschritt gegenüber dem bisherigen Erkenntnisstand aus. Sie kann nur in einem streng wissenschaftsgeleiteten Begutachtungsverfahren identifiziert werden.
Exzellenz in der Lehre zeichnet sich dazu analog durch herausragende Ergebnisse in der hochschulischen Lehre aus. Sowohl die nachhaltige Entwicklung konkreter Kompetenzen als auch die erfolgreiche Vermittlung eines durch besondere Komplexität gekennzeichneten theoretischen Sachverhaltes oder Zusammenhanges können darunter gefasst werden.
Niedersachsen ist es in der aktuellen Exzellenzrunde gelungen, die Zahl der erfolgreichen Cluster von 3 auf 6 zu verdoppeln! Trotzdem bleiben die norddeutschen Länder mit insgesamt 15 Clustern gegenüber dem Süden und dem Westen unterrepräsentiert.
Daher setzt die Landesregierung auf die Stärkung der länderübergreifenden Zusammenarbeit in den Zukunftsfeldern, z.B.
• in der Gesundheitsforschung,
• der Energieforschung oder
• der Künstlichen Intelligenz.
Eine wichtige koordinierende Rolle spielt dabei die Norddeutsche Wissenschaftsministerkonferenz.
Die Exzellenzcluster des Landes Niedersachsen wurden und werden insbesondere mit Mitteln des Niedersächsischen Vorab erfolgreich unterstützt und gefördert.
Exemplarisch seien genannt:
• Stärkung des Exzellenzclusters „Abwehrmechanismen gegenüber Infektionen und ihre Kontrolle“ (RESIST) (MHH) Gesamtförderung: 2 Mio. Euro (2020 - 2025)
• Quantentechnologien der 2. Generation - Aufbau eines Quantum Valley Lower Saxony (LUH) Gesamtförderung: 25 Mio. Euro (2021 - 2025)
• Überführung der bisherigen Projektgruppe Hör-, Sprach- und Audiotechnologie (HSA) in ein eigenständiges Fraunhofer-Institut für Hör-, Sprach- und Neurotechnologie in Oldenburg Gesamtförderung: 15,1 Mio. Euro (2019 - 2024).
• Errichtung einer Plattform für das Exzellenzcluster „Multiscale Bioimaging: von molekularen Maschinen zu Netzwerken erregbarer Zellen (MBExC)“ (Universität Göttingen) Gesamtförderung: 9,904 Mio. Euro (2020 - 2023)
• Stärkung des Exzellenzclusters „Multiscale Bioimaging: von molekularen Maschinen zu Netzwerken erregbarer Zellen (MBExC)“ (Uni Göttingen) Gesamtförderung: 3 Mio. Euro (2021 - 2025)
• Beschaffung eines Kryo-Elektronenmikroskops und eines Kryo- Thomographen inkl. Umbaumaßnahme im Rahmen des Exzellenzclusters „Multiscale Bioimaging - From Molecular Machines to Network of Excitable Cells“ (Uni Göttingen) Gesamtförderung: 5 Mio. Euro (2020 - 2021)
• Unterstützung des Exzellenzclusters „Hearing4All“ im Bereich der Signalverarbeitung in Cochlear Implantaten (MHH) Gesamtförderung: 500.000 Euro (2020 - 2024)
• Translationsforschung zur Entwicklung und Etablierung audiologischer Präzisionsmedizin für die Praxis der Hörhilfenversorgung (HörTech Oldenburg gGmbH) Gesamtförderung: 2,5 Mio. Euro (2020 – 2024).
Ziel ist es, die Entwicklungsschritte zur audiologischen Präzisionsmedizin aus der Grundlagenforschung des Exzellenzclusters Hearing4All so in die Translationsforschung der HörTech einzubringen, dass diese Entwicklungen in der klinischen und industriellen Praxis ankommen.
Im Rahmen der Exzellenzinitiative wurden die niedersächsischen Exzellenzcluster in der vergangenen Förderperiode aus Mitteln des Niedersächsischen Vorab gefördert. Die aktuell erfolgreichen sechs Exzellenzcluster der Exzellenzstrategie werden hingegen über den Landeshaushalt gefördert.
Mein Ministerium hat in Vorbereitung der nächsten Runde der Exzellenzstrategie bei der Wissenschaftlichen Kommission Niedersachsen (WKN) eine Potenzialanalyse des niedersächsischen Hochschul- und Wissenschaftssystems in Auftrag gegeben. Ziel der Landesregierung ist eine bestmögliche Unterstützung der Hochschulen für die kommende Runde der Exzellenzstrategie. Ein zentraler Aspekt ist dabei, dass in einem wissenschaftsgeleiteten Verfahren geeignete exzellente Themenfelder bzw. Standorte identifiziert werden können und die Universitäten, die bereits Exzellenzcluster eingeworben haben, oder die eine Antragstellung planen, von der WKN beraten werden.
Eine Bewertung der nachhaltigen Auswirkungen der letzten Exzellenzrunde auf die teilnehmenden Hochschulen ist noch nicht abschließend bewertbar. Das Hochschulbarometer 2020 zeigt als allgemeinen Trend auf der Basis einer Befragung der Leitungen zur Lage ihrer jeweiligen Hochschule, dass durch die Exzellenzstrategie geförderte Universitäten hier deutlich optimistischer sind als nicht geförderte Universitäten. Generell hat der Exzellenzprozess die Profilbildung auch an den entsprechenden niedersächsischen Hochschulen gestärkt.
Beispielhaft sei hier die Initiative Quantum Valley Lower Saxony genannt, die von der LUH und der TU BS maßgeblich getragen wird. Hierbei wird auch auf die erfolgreichen Cluster QuantumFronteers und PhönixD aufgesetzt.
Diese vom Land mit 25 Mio. Euro unterstützte Initiative soll die hervorragenden wissenschaftlichen wie infrastrukturellen Rahmenbedingungen im Bereich der Quantentechnologien aufbauend auf den Exzellenzclustern Quantum Frontiers sowie PhönixD bündeln.
Dabei sind der Aufbau eines Quantencomputers, die weitere Verbesserung von Lehre und Forschung, der Wissenstransfer, die Kooperation mit der Wirtschaft und die Einwerbung zusätzlicher Drittmittel zentrale Zielsetzungen. In diesem Umfeld konnte sich Ende November 2020 in der letzten Entscheidungsrunde des DFG Bewilligungsausschusses für die Sonderforschungsbereiche die "Relativistische und quantenbasierte Geodäsie (TerraQ)" durchsetzen.
Hier sollen grundlegend neue Sensoren, Messtechniken, Analysemethoden und Modellierungsansätze entwickelt werden, damit neueste Erkenntnisse vor allem aus der Quanten- und Gravitationsphysik dazu beitragen können, die Genauigkeit geodätischer Messungen signifikant zu erhöhen. Parallel dazu läuft auf dem Gebiet der Quantentechnologie ebenfalls der Sonderforschungsbereich 1227 "Designte Quantenzustände der Materie (DQ-mat) - Herstellung, Manipulation und Detektion für metrologische Anwendungen und Tests fundamentaler Physik". Zudem sind wir bestrebt, eine erhebliche Schwäche Niedersachsens Stück für Stück abzubauen: Wir brauchen ein Mehr an zusätzlichen außeruniversitären Forschungseinrichtungen im Land. Daher freue ich mich, dass es gelungen ist, drei neue DLR Institute, ein neues Fraunhoferzentrum sowie eine Fraunhofer Arbeitsgruppe anzusiedeln sowie zwei Einrichtungen der Helmholtzgemeinschaft. Außerdem gibt es nunmehr das größte Max Planck Institut für Naturwissenschaften in Niedersachsen. Darüber hinaus ist Niedersachsen nunmehr Sitzland des DFKI mit vier Arbeitsgruppen. Das ist exzellent!
Sie sehen also, dass wir uns schon jetzt sehr intensiv mit der Frage von Exzellenz in Niedersachsen beschäftigen und die Hochschulen im Land sehr eng in diesen Prozess eingebunden haben.
Deshalb sind Kürzungen in Zukunftsinvestitionen, insbesondere in der Bildung nicht nur schmerzhaft, sondern haben auch lange spürbare Nachwirkungen. Allerdings offenbaren Sie in der Einleitung ihrer Anfrage schon, dass es ihnen nicht um die Exzellenz geht, sondern um billige Effekthascherei: Die angeblichen Kürzungen an der LUH sind nämlich bislang Vorschläge des Präsidiums an den Senat, die weder beschlossen noch umgesetzt sind.
Zudem ist es die Aufgabe des Präsidiums Strukturfragen zu stellen und Vorschläge zur Entwicklung der Hochschule zu machen.
Wahrscheinlich ist genau das in der Vergangenheit nicht ausreichend genug gemacht worden. Bei einer Reduzierung der Zuweisung um 1,25 Prozent bei einem Gesamtbudget von 2,1 Mrd. €, reden wir von 25 Mio. €, was viel Geld ist.
Das problematische in der Finanzierung der Hochschulen sind aber nicht zuerst diese Kürzungen, sondern ein „Nicht Ausgleich“ der erhöhten - teils drastisch erhöhten - laufenden Kosten. Dazu haben sie in ihrer Regierungsverantwortung noch einmal in drastischer Weise beigetragen: Durch den von ihnen verordneten Umstieg auf grünen Strom, sind die Kosten nochmals explodiert, ohne Kompensation! So viel dazu, wenn Ursache und Wirkung nicht gesehen werden können oder nicht gesehen werden wollen. Und die Größenordnung dieser durch sie verursachten Kostensteigerung minimiert das Budget der Hochschulen in fast gleicher Höhe wie die globale Minderausgabe.
Die Einsparvorgaben im Einzelplan 06 gliedert sich in drei Teile. Sie werden nicht alle erstmalig im Landeshaushalt 2021 haushaltswirksam, sondern wurden schon 2020 wirksam. Im Sinne einer transparenten und vollständigen Beantwortung werden jedoch alle drei Teile in den folgenden Antworten berücksichtigt.
Artikel-Informationen
erstellt am:
10.12.2020
zuletzt aktualisiert am:
14.12.2020
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