Landtagsrede Minister vom 13.05.2020 zur Aktuellen Stunde
Gute Nachrichten aus Niedersachsen: Wichtiger Erfolg der Infektionsforschung zur Bekämpfung der Corona-Pandemie
Wissenschaft und Forschung sind keine Wunschmaschinen! Ich sage dies bewusst zu Beginn dieser Rede, denn wer würde es sich nicht wünschen: das passende Medikament, den passenden Impfstoff – heute bestellt und morgen geliefert. Umso herausragender ist die Arbeit derjenigen, die derzeit an den Corona Viren forschen.
Die TU Braunschweig hat gemeinsam mit der YUMAB GmbH und dem HZI menschliche Antikörper gefunden, die unter Laborbedingungen die Infektion von lebenden Zellen durch lebende Viren aus einem COVID-19-Patienten neutralisieren können.
Hinter den Forschenden in Braunschweig steht ein Corona-Antikörper-Team, an dem das Fraunhofer-Institut für Toxikologie und Experimentelle Medizin (ITEM) in Hannover, die MHH, das Universitätsklinikum Tübingen sowie Bayer beteiligt sind.
Ziel ist jetzt, dass diese Medikamentenkandidaten in den kommenden Wochen einen schnellen Entwicklungsprozess durchlaufen, um den Antikörper mit den optimalen Arzneimittelmerkmalen für eine Antikörper-Immuntherapie zu identifizieren.
Es handelt sich hierbei also um eine Antikörper-Immuntherapie (auch als „Passiv-Impfstoff“ bezeichnet), eine Therapie, die die noch nicht vorhandenen Antikörper im Körper der Patienten sofort ab dem Zeitpunkt der Gabe ersetzt und damit die Viruslast umgehend senkt.
Aktiv-Impfstoffe können dieses so schnell nicht leisten, da schützende Antikörper ein bis zwei Wochen brauchen, um zu wirken.
Mit dem Paul-Ehrlich-Institut (PEI), zuständig für Impfstoffe und biomedizinische Arzneimittel, ist bereits Kontakt aufgenommen worden, um möglichst schnell in die klinische Prüfung gehen zu können.
Der Fortschritt in der Forschung zur Bekämpfung der Corona-Pandemie durch die TU Braunschweig und YUMAB ist kein Zufall, sondern das Ergebnis einer Forschungsförderung, die sowohl die Grundlagenforschung als auch den anwendungsorientierten Transfer in den Blick nimmt. Die verstärkte Transferperspektive über die Grenzen einzelner Hochschulen und Forschungseinrichtungen hinaus bewährt sich in der Krise, wenn Forschung und Anwendung schneller und enger zusammenarbeiten müssen. Vor allem: Niedersachsen kann Infrastrukturen und Köpfe aufbieten, die wir jetzt dringend benötigen.
Derart wichtige Fortschritte in der Forschung zur Bekämpfung der Corona-Pandemie sind jedoch nur möglich, wenn das Land nachhaltig und konsequent in die Forschung, ihre Infrastruktur und ihre Köpfe in Niedersachsen investiert.
Ebenso zahlen sich unsere Investitionen in der KI-Forschung und der Informatik aus: Nur durch KI ist es möglich, die großen Biobanken besonders in Braunschweig schnell und effizient auf effektive Wirkstoffe hin zu untersuchen.
Mit den Mitteln des von diesem Landtag beschlossenen Nachtragshaushalts kann das Wissenschaftsministerium mit 9,7 Mio. Euro insgesamt 14 Forschungsprojekte fördern.
Davon profitieren die MHH, die TU Braunschweig, das Deutsche Primatenzentrum in Göttingen und das HZI, wobei ganz unterschiedliche Ansätze verfolgt werden, etwa in der Diagnostik, für Impfstoffe, zur Ermittlung von Wirkstoff und selbstverständlich auch Antikörper.
COVID-19 ist immer noch eine neue Erkrankung. Daher ist es richtig, dass wir jetzt breit ansetzen, um neue Erkenntnisse zu COVID-19 zu erhalten. Darin ist Niedersachsen sehr erfolgreich: Beispielsweise hat eine Abfrage an der MHH und dem HZI ergeben, dass allein dort insgesamt ca. 60 Projekte zu COVID-19 laufen. Dazu zählen die niedersächsischen Anträge und Drittmittel anderer Zuwendungsgeber, z.B. vom BMBF, der DFG und europäische Projekte. Ich gehe davon aus, dass in ganz Niedersachsen derzeit ca. 100 relevante Forschungsvorhaben durchgeführt werden.
Wichtig ist und bleibt dabei, dass zahlreiche Einrichtungen gemeinsam an Lösungsansätzen arbeiten. Denn: Das Coronavirus lässt sich umso besser bekämpfen, je mehr Wissen wir über den Erreger und seine Auswirkungen auf den Menschen erlangen.
Aus diesem Grund, werden wir in den nächsten Monaten zu einer Gründung eines interdisziplinären Infektionsnetzwerkes Niedersachsen kommen, in dem alle relevanten niedersächsischen Einrichtungen gebündelt werden sollen.
Und ein weiteres wird dieser Tage offensichtlich: Die Lösung dieser Krise wird aus der Wissenschaft kommen. Medikamente, Impfstoffe, aber auch die Bewältigung der wirtschaftlichen Probleme werden auf wissenschaftlichen Analysen und Lösungsansätzen basieren. So stellen das HZI und das IfO Institut heute eine gemeinsame Studie vor mit dem Titel „Das gemeinsame Interesse von Gesundheit und Wirtschaft: Eine Szenarien-Rechnung zur Eindämmung der Corona-Pandemie“.
Das Ergebnis bestätigt den Kurs der Landesregierung: Schrittweise Lockerungen sind aus gesundheitlicher wie aus ökonomischer Sicht der richtige Schritt. Richtig bleibt auch, was ich zu Anfang sagte: Wissenschaft ist keine Wunschmaschine. Wissenschaft braucht konstruktive und kontroverse Diskussionen. Sie lebt von der Professionalität der Forschungseinrichtungen, von Einsatz und Erfindergeist. Hierfür danke ich allen Forscherinnen und Forschern.
Artikel-Informationen
erstellt am:
13.05.2020
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